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22.03.2016

Stellungnahme: Deutscher Ethikrat empfiehlt gesetzliche Regelung der Spende und Adoption überzähliger Embryonen

Am 22.03.16 veröffentlichte der Deutsche Ethikrat seine Stellungnahme mit Empfehlungen zur gesetzlichen Regelung der Embryospende, Embryoadoption und Übernahme elterlicher Verantwortung.

Wie der Deutschen Ethikrat in einer Pressemitteilung zur veröffentlichung der Stellungnahme ausführt, wird dpätestens seit 2013 auch in Deutschland die Weitergabe sogenannter überzähliger Embryonen zur Austragung und dauerhaften Übernahme elterlicher Verantwortung durch Dritte praktiziert. Damit seien grundlegende Fragen der Lebens- und Entwicklungschancen von Kindern, elterlicher Verantwortung und familiärer Beziehungen verbunden. Der Deutsche Ethikrat hält es für ethisch geboten, die Rahmenbedingungen für die Embryospende/Embryoadoption gesetzlich festzulegen.

Fortpflanzung, verstanden als das Zeugen und Aufziehen von Kindern, sei ein hochrangiges individuelles und soziales Gut. Fortpflanzungsfreiheit habe vor diesem Hintergrund eine hohe ethische Bedeutung. Sie werde allerdings begrenzt durch die damit verbundene Verantwortungsbeziehung zwischen Partnern sowie Eltern und Kind. Die elterliche Verantwortung beginne bereits bevor das Kind gezeugt wird.

Mit einer Embryospende bzw. Embryoadoption können nach Auffassung des Ethikrates vielfältige Konflikte verbunden sein: etwa durch die Vervielfältigung von Elternrollen, durch unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie das Kind aufwachsen soll, oder durch das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung, das von großer Bedeutung für die Identitätsentwicklung des Kindes sein kann.

Das Kindeswohl sei wesentliche normative Maßgabe für die Ausgestaltung der Embryospende bzw. Embryoadoption. Vor diesem Hintergrund gibt der Deutsche Ethikrat in seiner 149-seitigen Stellungnahme verschiedene Empfehlungen ab.

Demnach sollten die Abgabe und Übernahme der Elternrechte und -pflichten gesetzlich klar und jeweils dauerhaft geregelt werden. Willigen beide Spenderelternteile ein, einen Embryo für den Transfer auf eine andere Frau freizugeben, damit das Empfängerpaar die elterliche Verantwortung auf Dauer übernehmen kann, sollte umgekehrt das Spenderpaar im Falle des Embryotransfers auch keine Elternrechte und -pflichten mehr haben. Entsprechend sollte dem Empfängerpaar mit dem Zeitpunkt des Embryotransfers die rechtliche Elternschaft übertragen werden.

Es sollten nur überzählige Embryonen gespendet werden dürfen, das heißt solche Embryonen, die für die fortpflanzungsmedizinische Behandlung des Paares, für das sie erzeugt wurden, endgültig nicht mehr verwendet werden können.

Angesichts der besonderen Herausforderungen für alle Beteiligten sollten Aufklärung und Beratung sowohl bei den Spender- als auch bei den Wunsch- bzw. Empfängereltern medizinische, rechtliche und psychosoziale Aspekte der Embryospende und Embryoadoption umfassen. Dabei ist das Recht des Kindes auf Kenntnis der Abstammung zu berücksichtigen.

Des Weiteren empfiehlt der Ethikrat, es sollte eine zentrale Einrichtung damit betraut werden, die Zuordnung von Spender- und Wunscheltern nach ausgewiesenen Kriterien vorzunehmen und zu dokumentieren. Die Kriterien sind am Wohl des Kindes auszurichten. Die Einrichtung sollte ebenfalls die Zahl der freigegebenen Embryonen, die Zahl der Embryotransfers und der transferierten Embryonen sowie die Zahl der Schwangerschaften und Geburten dokumentieren.

Das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung ist zu gewährleisten. Dazu schlägt der Deutsche Ethikrat die Einrichtung einer zentralen Dokumentationsstelle vor, bei der jeder ab Vollendung des 16. Lebensjahres das Recht hat Auskunft zu erhalten, ob und welche Informationen zu seiner genetischen Herkunft vorhanden sind.

Nach Ansicht der Ethikratsmitglieder kann die Spende von Embryonen zumindest einigen überzähligen Embryonen Lebenschancen eröffnen; zugleich kann sie den Kinderwunsch von Personen erfüllen, die keine eigenen Kinder zeugen können oder wollen. Je höher man den moralischen Status des Embryos in vitro ansetzt, desto wichtiger ist es, die Entstehung überzähliger Embryonen zu vermeiden. Gleichzeitig gibt es gute Gründe, den überzähligen Embryonen, die dennoch im Rahmen der Reproduktionsmedizin entstanden sind, eine vorhandene Lebensperspektive nicht zu verwehren.

Der Ethikrat empfiehlt in diesem Zusammenhang, die Auslegung der für die Praxis der Fortpflanzungsmedizin und die Entstehung überzähliger Embryonen bedeutsamen sogenannten Dreierregel des Embryonenschutzgesetzes gesetzlich klarzustellen. 14 Mitglieder des Deutschen Ethikrates empfehlen eine Klarstellung im Sinne einer strikten Auslegung, 12 Ratsmitglieder im Sinne einer erweiterten Auslegung.

Hubert Hüppe: Embryoadoption muss eng begrenzte Ausnahme bleiben

Anlässlich der aktuellen Stellungnahme des deutschen Ethikrats zur sogenannten „Embryonenspende“ bekräftigte der CDU-Bundestagsabgeordnete und stellvertrende CDL-Vorsitzende Hubert Hüppe in einer Presseaussendung, dass die Embryoadoption eine eng begrenzte Ausnahme bleiben müsse.

„Es ist denkbar, dass in extrem seltenen Fällen im Rahmen einer reproduktionsmedizinischen Behandlung ein Embryo seiner Mutter nicht übertragen werden kann. Das Embryonenschutzgesetz verbietet nicht, ihn einer anderen Frau zu übertragen, wenn dies die einzige Chance für sein Weiterleben ist“, so Hüppe.

„Bei der Embryoadoption hat das Kindeswohl absoluten Vorrang. Das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft und auf Beziehung zu seinen genetischen Eltern muss gewahrt bleiben, wie der Ethikrat in ähnlichem Kontext bereits in seiner Stellungnahme zu Babyklappen betont hat. Deshalb ist anonyme Embryospende auszuschließen“, forderte Hüppe.

Zudem bestehe ein hohes Missbrauchspotential, etwa in der Abgrenzung zur in Deutschland verbotenen Eizellspende, die im Ausland kommerziell und unter Ausnutzung von prekären Lebenssituationen junger Frauen stattfindet. „Gesetzliche Lockerungen, die etwa eine Auswahl der genetischen Eltern nach ethnischen Kriterien oder Eigenschaften wie IQ, Bildungsstand und körperlichen Vorzügen vorsehen, sind daher nicht diskutabel.“

Weitere Informationen:

PDF Embryospende, Embryoadoption und elterliche Verantwortung
Stellungnahme Deutscher Ethikrat vom 22.03.16 (149 Seiten im PDF-Format)