25.01.2011
Meinungsbild von Abgeordneten zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik
Koblenz, 25.01.2011. Der CDL-Kreisverband Koblenz befragte alle Bundestagsabgeordneten aus Rheinland-Pfalz zu ihrer Meinung über die zukünftige gesetzliche Regelung der Präimplantationsdiagnostik (PID). Auf der Internetseite finden Sie einige Antworten von Abgeordneten zur folgenden Frage:
"Bald wird die Abstimmung über die rechtliche Regelung der Präimplantationsdiagnostik (PID) im Bundestag anstehen. Wie bei allen gewichtigen ethischen Fragen wird auch hier der Fraktionszwang aufgehoben sein, so dass jedes Bundestagsmitglied seinem Gewissen folgen kann. Für die Christdemokraten für das Leben (CDL) in Koblenz-Montabaur würde ich gerne Ihre Position zur PID erfahren und auf einer Internetseite veröffentlichen, um so auch den Wählerinnen und Wählern eine Rückmeldung zu geben."
"Warum ich mich öffentlich für ein Verbot der PID ausspreche" erklärt die stellvertretende SPD-Vorsitzende, Andrea Nahles in einem Poisitionspapier, ihren Kolleginnen und Kollegen.
Ähnlich, wie Volker Kauder, der CDU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag es auf dem Parteitag der CDU in Karlsruhe tat, stellte auch sie die Frage: "ob wir nicht eine Tür öffnen, hinter der etwas sein könnte, was wir alle wohl nicht haben wollten, Dinge die von Allen unerwünscht seien."
"Wir wissen nicht, was hinter der Tür lauert", deuteten Kauder ebenso wie Nahles an. Jedoch, so beschreibt Stefan Rehder in der Tagespost: "Nicht allein Argumente, sondern auch Zahlen über die Arbeit von weltweit 57 reproduktionsmedizinisch tätigen Zentren widerlegen die Befürworter der Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID). ...
Zumindest gäbe es dafür gute Gründe, wie die Auswertung der Daten zeigt, welche die Europäische Gesellschaft für Humanreproduktion und Embryologie (ESHRE) im November 2010 in der Zeitschrift „Human Reproduction“ veröffentlicht hat (ESHRE PGD consortium data collection X: cycles from January to December 2007 with pregnancy follow-up to October 2008. In: Human Reproduction, Vol. 25, 2010, No. 11, S. 2685–2707).
Die Studie liefert eine Übersicht der jüngsten Daten, die 57 der über den ganzen Globus verteilten reproduktionsmedizinischen Zentren, welche die PID anbieten, an die ESHRE gemeldet haben.
Danach wurden dort allen Frauen, die sich in den 57 Zentren von Januar bis Dezember 2007 einer künstlichen Befruchtung unterzogen, insgesamt 68 568 Eizellen entnommen. 56.325 von ihnen wurden besamt. In 40.713 Fällen führte dies zur erfolgreichen Labor-Zeugung eines menschlichen Embryos. 31.867 von ihnen wurden einer Biopsie unterzogen. „Erfolgreich“ überlebten diese lediglich 31.520. Von ihnen wiederum wurden 28.998 einer PID unterzogen. Lediglich 10.084 galten anschließend als „transferierbar“. Tatsächlich transferiert in die Gebärmutter einer Frau wurden jedoch nur 7.183. 1.386 wurden „auf Eis gelegt“ und in flüssigem Stickstoff eingefroren. Über das, was mit den restlichen 1.515 Embryonen geschah, schweigt sich die Studie aus. Im Grunde gibt es jedoch nur ein Schicksal, das diese Embryonen ereilt haben könnte. Da sich nämlich erst beim Auftauen der Embryonen herausstellt, ob diese das Einfrieren überlebt haben, muss davon ausgegangen werden, dass die 1.515 Embryonen von ihren Eltern gleich als „überzählig“ eingestuft und – wie dies etwa in den USA und Großbritannien möglich ist – deshalb der Forschung zugunsten der Produktion embryonaler Stammzellen „gewidmet“ wurden. Wie auch immer: Von den 7.183 tatsächlich transferierten Embryonen kam es lediglich in 1.609 Fällen auch zu einer klinisch nachweisbaren Schwangerschaft. Diese mündeten wiederum lediglich in 977 Fällen auch in eine Geburt, bei denen die Mütter insgesamt 1.206 Kinder zur Welt brachten.
Die in diesem Beitrag angeführten Daten entstammen alle der jüngsten Auswertung. Die Studie trägt den Titel „ESHRE PGD consortium data collection X: cycles from January to December 2007 with pregnancy follow-up to October 2008” und ist auf der Website der Zeitschrift (humrep.oxfordjournals.org) für jeden einsehbar.
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siehe auch: Human Reproduction Update http://humupd.oxfordjournals.org/
ESHRE http://www.eshre.eu/01/default.aspx?pageid=3
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Positionspapier von Andrea Nahles zur PID
Im Grunde verstehe ich Jede und Jeden, die teilweise aus persönlicher Betroffenheit verärgert oder verzweifelt fragen, warum ich mich öffentlich für ein Verbot der PID ausspreche. Manche schreiben mir und sprechen offen an, dass gerade ich - selber glücklich schwanger -, doch verstehen müsse, wie bedeutsam der Wunsch nach einem gesunden Kind ist. Es könne so viel Leid vermieden werden gerade für die, die es schon oft vergeblich versucht haben und medizinische Hilfe brauchen, um überhaupt schwanger werden zu können. Weiß Gott, das lässt mich nicht unberührt. Wer will schon Leid in Kauf nehmen, wenn es nicht sein muss. Die Frage, was ist richtig, was ist falsch, ist dennoch hier nicht so leicht zu beantworten.
Worum geht es überhaupt? Warum erregt ein medizinisches Verfahren, die Präimplantationsdiagnostik (PID), derart die Gemüter? Es ist nur eine kleine Gruppe, 100 bis 200 Paare pro Jahr, die je nach Indikation betroffen sein dürften. PID ist ein diagnostisches Verfahren, angesiedelt zwischen Fortpflanzungsmedizin und einer genetischen Begutachtung der Erbkrankheiten von Embryonen. Tatsächlich jedoch ist es keine rein diagnostische oder medizinische Frage, die im deutschen Parlament und in der breiten Öffentlichkeit diskutiert wird. Es geht um eine genetische Beurteilung von Leben. Das ist eine zutiefst ethische Frage. Erst 2002 hatte der Deutsche Bundestag ein Verbot der PID in Deutschland beschlossen. Aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes, das die gezielte Auswahl von Embryonen im Reagenzglas grundsätzlich erlaubt hat, muss nun neu entschieden werden. Als Abgeordnete des Deutschen Bundestages stehen wir im Frühjahr daher vor einer schwierigen Entscheidung: Sollen wir die PID generell verbieten oder das umstrittene Verfahren in einzelnen Fällen zulassen? Es haben sich bisher drei interfraktionelle Abgeordnetengruppen zusammengeschlossen, die über die Parteigrenzen hinweg, Gesetzentwürfe vorlegen wollen. Eine Gruppe steht für eine weitgehende Freigabe der PID. Eine andere will in streng begrenzten Fällen, so bei Todgeburten oder wenn erwartet wird, dass das Kind früh stirbt, eine Aussonderung dieser Embryonen zulassen. Andere, wie ich selbst, wollen die Beibehaltung des Verbotes.
Was soll die PID leisten? Bei einer künstlichen Befruchtung wird ein Embryo ausgewählt, der keine schwerwiegenden oder gar todbringenden Erbkrankheiten hat. Der „erfolgversprechendste„ Embryo soll eingepflanzt werden. Es wird überlegt, dass eine Ethikkommission im Einzelfall entscheidet, was erlaubt ist und was nicht. Es wird aber auch eine Liste vorgeschlagen von wenigen Erbkrankheiten, in welchen Fällen eine solche Auswahl erlaubt sein soll. Insgesamt sind die künstliche Befruchtung und PID ein belastendes und schwieriges medizinisches Verfahren für die Frauen und ihre Partner.
Warum bin ich nun gegen einen derartigen genetischen Check-up im Reagenzglas?
1. Es müssen immer mehr Embryonen erzeugt werden, als eingepflanzt werden können. Was passiert mit den überzähligen Embryonen? Die Frage ist vollkommen unbeantwortet, höre ich. Vielleicht will das aber auch niemand so genau wissen.
2. Derzeit können medizinisch 120 Erbkrankheiten unterschiedlichen Schweregrades nachgewiesen werden. Ob eine solche Erbkrankheit tatsächlich im späteren Leben ausbricht, ist in vielen Fällen völlig offen. Wir wissen es schlicht nicht, wenn im Labor darüber entscheiden wird. Derzeit reden wir nur über die wenigen Fälle von schweren Erbkrankheiten. Wer sagt aber, dass es dabei bleibt? Ich bin pessimistisch. Heute sind wir im deutschen Parlament weitgehend einig, dass es nur wenige Ausnahmen geben soll. Es ist jedoch ein zutiefst menschlicher Wunsch, ein Kind nach eigenen Vorstellungen zu haben. Ein gesundes Kind. Wenn etwas geht, dann wird es gemacht. Das lehrt uns die Geschichte der Menschheit. Sind wir uns also sicher, dass wir verantwortlich handeln und das auch in Zukunft, wenn wir jetzt Ausnahmen legitimieren? Bisher gibt es hier eine klare Grenze in Deutschland.
3. Ich sehe es letztlich wie Erzbischof Robert Zollitsch. Hier droht ein „Dammbruch„. Ein Dammbruch, den ich nur schwer erträglich finde. Denn letztlich steht hier die Frage im Raum: Welches Leben ist lebenswert? Wer entscheidet das?
Tatsache ist, dass die verbreitete vorgeburtliche Diagnostik bereits heute ihre Wirkung entfaltet: Eine Freundin von mir, hat ein Kind mit einer kleinen körperlichen Fehlbildung, die in mehreren OP’s korrigiert wurde. Der Kleine ist ansonsten munter. Als sie nun ihr zweites Kind bekam und dieses dieselbe Fehlbildung hatte, wurde sie von einer jungen Ärztin gefragt: Ja, aber haben sie sich denn nicht genetisch beraten lassen? Wenn etwas möglich ist, wird es nicht nur gemacht, sondern es wird unterschwellig verlangt werden bzw. zur neuen Norm.
Kann ich mit diesen Abwägungen auf das Leid der Menschen, die betroffen sind und unser Verständnis suchen, eine zufriedenstellende Antwort geben? Nein. Umgekehrt ist die Frage ehrlich zu beantworten, ob wir es den einzelnen Frauen bzw. Paaren überlassen dürfen bzw. sollen, welches Leben lebenswert ist und welches nicht. Meine Antwort: Wir sollten in aller Freiheit des aufgeklärten Geistes ethische Grenzen des menschlichen Handelns anerkennen.