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20.07.2020

Baden-Württemberg: Debatte um Abtreibungszwang für Ärzte vorläufig beendet

Die Debatte um einen möglichen Zwang für Ärzte zur Durchführung von Abtreibungen in Baden-Württemberg ist vorläufig beendet.Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) wies die grüne Staatssekretärin im baden-württembergischen Ministerium für Soziales und Integration, Bärbl Mielich, indirekt in die Schranken. Sie hatte zuvor erklärt, man prüfe inwieweit man eine Abtreibungsbereitschaft zum Einstellungskritierium für Ärzte und Ärztinnen an Unikliniken machen könne.

„Man kann Ärztinnen und Ärzte selbstverständlich nicht dazu verpflichten, Abtreibungen vorzunehmen, wenn sie dies aus persönlichen, ethischen Gründen ablehnen – und das sollte auch kein Einstellungskriterium sein", erklärte Kretschmer gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. Auch Lebensrechtsverbände wie die CDL, der Bundesverband Lebensrecht (BVL), die Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) hatten zuvor vehement gegen den Vorstoß protestiert.

Nun ruderte Mielich zurück und erklärte in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit Wissenschaftsministerin Theresia Bauer am 13.07.20, die Bereitschaft von Medizinern, Abtreibungen durchzuführen, solle kein Einstellungskriterium an Unikliniken werden. Man müsse aber sicherstellen, dass Frauen „die notwendige medizinische Versorgung“ erhielten.

Weiter erklärten die Grünen-Politikerinnen, es handele sich um eine „sehr komplexe, schwierige Fragestellung“, zu der es keine einfachen Antworten„ gebe. Gleichwohl finden sie es „richtig und nötig, diese Debatte in der Gesellschaft jetzt zu führen und unserem Sicherstellungsauftrag nachzukommen“, so Bauer und Mielich.

Man sei sich aber einig: „Es geht dabei ausdrücklich nicht darum, auf einzelne Ärztinnen oder Ärzte Druck auszuüben oder deren individuelle Bereitschaft zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs zum Einstellungskriterium an einer Universitätsklinik zu machen“, so Mielich.

„Unser Ziel ist es vielmehr, junge Ärztinnen und Ärzten frühzeitig, am besten schon während des Studiums, für das komplexe und ethisch anspruchsvolle Thema zu sensibilisieren. Und darüber mit den Medizinischen Fakultäten und auch mit den Universitätskliniken als Leuchttürmen der stationären Versorgung ins Gespräch zu kommen“, so Ministerin Bauer.

Es gelte „einen klugen Weg zu finden in dem im Schwangerschaftskonfliktgesetz angelegten Spannungsverhältnis zwischen Sicherstellungsauftrag und Weigerungsrecht.“

"So sind die Länder verpflichtet, ein ausreichendes Angebot ambulanter und stationärer Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen sicherzustellen. Andererseits darf niemand verpflichtet werden, an einem Schwangerschaftsabbruch mitzuwirken – es sei denn es geht um Leben und Tod oder um die Abwendung einer schweren Gesundheitsschädigung", heißt es erläuternd in der Pressemitteilung.

Ergänzende Informationen:

Baden-Württemberg: Uniklinik-Ärzte zu Abtreibungen verpflichten?
CDL-Meldung 10.07.20

Diskussion um Schwangerschaftsabbruch
PRESSEMITTEILUNG Ministerium für Soziales und Integration gemeinsam mit Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg 13.07.20

PM: Die Doppelmoral der Grünen
Pressemitteilung CDL 14.07.20

Schwangerschaftsabbrüche: Nachwuchsmangel ist nicht das Grundproblem
Berlin – Junge Mediziner stellen infrage, ob ein Mangel an Nachwuchs tatsächlich das Grundproblem von drohenden Versorgungslücken bei der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen ist.
AERZTEBLATT.DE 15.07.20

Schwangerschaftsabbruch an Uniklinik: Immer weniger Ärzt:innen bereit
Grünen-Politikerin Bärbl Mielich möchte die Bereitschaft zu Abbrüchen als Einstellungskriterium einführen – und muss zurückrudern.
TAZ 18.07.20
Anm.: Kontroverser Artikel der dort gerne kommentiert werden kann.