Header
10.02.2015

Stellungnahme: Wissenschafts-Akademien fordern bessere Palliativversorgung in Deutschland

In Deutschland bestehen im internationalen Vergleich immer noch erhebliche Defizite in der Palliativversorgung. Vor diesem Hintergrund haben die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften am 06.02.15 in Berlin gemeinsamen Stellungnahme "Palliativversorgung in Deutschland: Perspektiven für Praxis und Forschung" vorgestellt. Darin empfehlen sie diverse Maßnahmen, um eine qualitativ hochwertige, flächendeckende und evidenzbasierte Palliativversorgung zu erreichen.

Wie es zum Hintergrund in der Stellungnahme heißt, hat Palliativversorgung zum Ziel, die bestmögliche Lebensqualität von Patienten und ihren Angehörigen angesichts lebensverkürzender, nicht heilbarer Erkrankungen soweit als möglich herzustellen oder aufrecht zu erhalten. Prävention und Linderung von Leid stehen im Mittelpunkt. Palliativversorgung benötigen viele Patienten, die an sogenannten Volkskrankheiten leiden, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Auch Menschen mit neurologischen Erkrankungen, zum Beispiel Parkinson, Demenz und Multiple Sklerose, mit Lungenerkrankungen oder altersgebrechliche, multimorbide Patienten brauchen diese spezialisierte Hilfe. Im Zuge des demografischen Wandels werde der Anteil der Palliativpatienten an der Gesamtpatientenzahl steigen.

"Derzeit bestehen Unsicherheiten bezüglich der Effizienz der Palliativversorgung, da die Versorgungsforschung im Aufbau ist und in der Palliativmedizin erheblicher Forschungsbedarf besteht. Zudem gibt es innerhalb von Deutschland Unterschiede beim Zugang zur Palliativversorgung", erklärte Professor Hans-Peter Zenner, Direktor der Universitäts-Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Universität Tübingen laut gemeinsamer Pressemitteilung der Akademien zur Vorstellung der Stellungnahme. Professor Zenner war gemeinsam mit Professor Lukas Radbruch, Direktor der Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin der Universität Bonn und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin Sprecher der Arbeitsgruppe Palliativmedizin.

Drei Grundempfehlungen

Leopoldina und Akademienunion empfehlen in ihrer Stellungnahme eine Forschungsagenda mit dem Ziel, eine flächendeckende und evidenzbasierte Palliativversorgung in Deutschland zu erreichen. Notwendig seien einheitliche Regelungen zur Finanzierung der Palliativversorgung und eine bundesweit einheitliche Qualitätssicherung. Unter anderem soll die interdisziplinäre Palliativversorgungsforschung, die neben medizinischen und pflegewissenschaftlichen Fragen auch Perspektiven der Geistes- und Sozialwissenschaften berücksichtigt, gefördert werden. Die Akademien fordern zudem Interventionsstudien in der Palliativmedizin, um Leitlinien zur Palliativversorgung für alle Patientengruppen weiterzuentwickeln und Studien zum Einsatz von Medizintechnik, die die Selbstständigkeit von Patienten fördert.

Andere Länder seien auf dem Gebiet der Palliativversorgung bereits weiter als Deutschland. In einem Vergleich der Versorgungsqualität am Lebensende in 40 Ländern weltweit stand Deutschland im Jahr 2010 hinter Ländern wie Großbritannien, Österreich, Irland, Schweden und den Niederlanden auf Platz acht.

In der öffentlichen Diskussion habe das Thema Sterben und Tod in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Die Akademien wollen mit ihrer Stellungnahme den Blick der Öffentlichkeit für die Palliativversorgung schärfen. An der Stellungnahme waren 25 Experten beteiligt, darunter Mediziner verschiedener Fachrichtungen, Pflegewissenschaftler, Ethiker, Theologen, Soziologen, Juristen und Wirtschaftswissenschaftler.

Ergänzende Informationen:

"Palliativversorgung in Deutschland: Perspektiven für Praxis und Forschung".
Stellungnahme der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina - Nationale Akademie der Wissenschaften und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften.
Dort gibt es die 80-seitige Langfassung und die 4-seitige Kurzfassung der Stellungnahme